Das gibt es doch nicht, dass wir mit dem Bus Kilometer um Kilometer schrubben und den perfekten Surf-Ort nicht finden. Nicht falsch verstehen: Le Gurp in Frankreich und San Vicente in Spanien sind wunderbar – und ich würde jederzeit wieder hinfahren, zum Surfen, zum Relaxen und zum Bobo-Siebenschläfer-Vorlesen.
Aber der perfekte Ort, um surfen ZU LERNEN, ist uns noch nicht begegnet. Halb panisch rufen wir deshalb im Surfladen unseres Vertrauens an- bei Frittboards in Köln. Da es überhaupt der einzige Surfshop auf heimischen Boden ist, den wir vor der Tour betreten haben, kann ich ihn getrost so nennen.
Wir brauchen einen todsicheren Tipp – eine supercoole, nette Surfschule, Geld spielt fast keine Rolle (mehr).
„Ihr müsst die Küste runter bis etwa zur Mitte, da liegt Peniche und die Surfschule von Sebbo“, sagt der Verkäufer direkt. Soso. Wir rufen Sebbo also von unterwegs an und machen den Kurs klar. Kein Problem, sagt er. Kommt vorbei.
Schlappe 920 Kilometer fahren wir – und sind uns sicher: DAS ist es. Das MUSS es sein, denn bald steht ja schon wieder die Heimreise an.
DAS ist es aber nicht, wie wir sehr bald sehr ernüchtert feststellen. Keine Frage, die Wellen gehören zu den schönsten, die wir auf der gesamten Tour gesehen haben. Der Strand weit und traumhaft.
Aber der Ort… naja. Sieht eben nach Stadt aus. Viele Ferienwohnungen in vielen hohen Häusern. Ich will Peniche nicht unrecht tun, aber irgendwie packt es uns nicht, trotz der Wellen. Der große Campingplatz ist direkt am großen Kreisel der Stadt, weshalb wir die beste Entscheidung seit langem treffen: Wir campen wild an der Steilküste.
Heißes Hühnchen aus dem Supermarkt, ein kühles Bier, ein Blick auf die letzten Wagemutigen, die in der Abenddämmerung noch auf die eine gute Welle warten. Wunderschön. Wirklich. Aber WIR wollen weiter.
Am nächsten Morgen.
Der zweite Portugal-Tipp und ein dritter wunderbarer Ort für Baby, Bulli und Boards kommt lustigerweise direkt aus Altenbödingen – von den Nachbarn gegenüber (Danke Guido und Caro). Warum nicht gleich?!
3- Arrifana, portugiesische Atlantikküste, West-Algarve – No Camping
SO haben wir uns das vorgestellt.
Ein hübscher portugiesischer Ort, bezahlbare Preise, viel leckeren Fisch und nicht zuletzt die supernette, superprofessionelle – sogar deutsche – Surfschule von Peer. Peerfekt. Ok, der war blöd. Wir buchen peer SMS (ja, der musste noch sein) fünf Tage Surfkurs und teilen uns den. Einer macht die Schicht von 9 bis 11, einer von 12 bis 14 Uhr.
Das Aufwärmetraining ist extrem gut, die Kurse mit maximal 8 Teilnehmern moderat groß, die Surflehrer echte Profis nicht nur auf dem Board, sondern auch in Sachen Didaktik und Methodik.
DAS ist es. DAS haben wir die ganze Zeit gesucht.
Und es ist großartig.
Der zauberhafte Mann und ich stehen die ersten Wellen und ab und zu mischt sich so gar ein echtes Gefühl von „Surfen“ in die ersten „Uh-Ah-wie-schaffe-ich-es-auf-dem-Ding-das-Gleichgewicht-zu-halten“-Momente.
Sieht ein bisschen aus wie Kung-Fu und fühlt sich auch so an. Noch viel häufiger haut es uns natürlich ins Wasser, gerne auch kopfüber.
Das war ja meine größte Angst: Wellen, die um mich herum brechen, mich rumschleudern und runterdrücken. All das ist passiert, wider Erwarten war nichts davon schlimm.
Vielleicht hat mir das Board Sicherheit gegeben, vielleicht war es auch der grinsende Surflehrer: „Ist doch nur Wasser!?“ – öhm. Kann man so sehen. Ja. Jedenfalls: Therapeutische Maßnahme geglückt.
180 Euro wird uns der Kurs am Ende insgesamt kosten. Und das toppt es noch mal.
Das einzige Minus: Wir finden keinen passablen Campingplatz in und um Arrifana. Und ohne Dusche und Klo fällt eine Woche Wildcampen aus.
Surflehrer Peer schustert uns dann aber das Haus von deutschen Freunden im Nachbarort Val de Telha zu – für schlappe 45 Euro pro Nacht. Der Knaller.
Und nach fast drei Wochen unbequemer T4-Rückbank im Kreuz können wir ultraharten Camper aus Alemanha uns ein erleichtertes Seufzen nicht verkneifen, als wir uns aufs Bett schmeißen.
Nur Baby Theo wäre wohl lieber im Bus geblieben. In seinem Bettchen zerstechen ihn die Mücken gleich in der ersten Nacht so dermaßen, dass wir erst glauben, er hätte sich Masern oder Windpocken eingefangen.
Bisschen Fieber auch noch. Trotzdem ist der kleine Kerl gutgelaunt (meistens), isst normal – besonders Sand – und versucht sich robbend in die Fluten zu werfen. Kann also nicht so schlimm sein, auch wenn’s mies aussieht, denken wir. Allergische Reaktion, sagen die Apotheker im nächstgrößeren Ort Aljezur und nehmen uns 30 Euro für Fenistil-Tropfen und Antimücke-Gel ab.
Und apropos Baby – eins sollte man noch wissen. Der Weg zum Strand in Arrifana ist steil. Ziemlich steil.
Also überleg dir gut, wie viele Buddeln, Eimerchen, Handtücher, Strandmuscheln du mitnimmst. Oder sieh es als Surf-Workout und pack alles ein was du hast.
Praktischerweise gibt es aber auch sonst noch jede Menge tolle und nicht so steile Strände in der direkten Nachbarschaft. Den in Monte Clerigo zum Beispiel. Oder Praia do Amado bei Carrapateira – einmal da, lohnt sich auch eine Panorama-Fahrt mit dem Auto an der Steilküste entlang.
Was man sonst noch machen kann? Oh, mountainbiken, klettern, wandern, Yoga – das meiste zum Beispiel auch über Peers Algarve Adventure.
Geburtstag feiern natürlich – den 40.! Glückwunsch noch mal, zauberhafter Mann.
Und Essen.
Hier sind unsere Top 3:
1- Hello Sailor
Leckere Mischung aus asiatisch und portugisisch. Tolle Atmosphäre, nette und schöne Menschen. Unbedingt ausprobieren.
2- O Paulo
Am Ende der Hauptstraße in Arrifana, direkt an der Klippe steht das Restaurant von Paolo. Große Schalen mit Meeresfrüchten bestellen und den Hauswein – ein Genuss mit tollem Blick aufs Meer.
3- A Rede
Kleines Surfer-Bistro am Strand von Monte Clerigo. Die leckersten Pasteles de Nata (am ehesten vielleicht mit kleinen Käsekuchen vergleichbar), die wir auf der gesamten Tour gegessen haben.
Wir haben es also geschafft – wir haben surfen gelernt. Zumindest den Anfang. Noch keine Riesenwellen, noch keine großen Manöver, aber wir stehen und wir haben Spaß. Theo hat Tonnen an Sand gefuttert, Ameisen sicher auch und jede Menge neue Quietschgeräusche gelernt. Und unser Bus Möhrchen, die alte Dame, hat jetzt endlich ein Kennzeichen, das ihrer würdig ist.
Und wir? Eine autarke Dusche und ein Klo wären ab und zu schön gewesen. Den Grill haben wir kaum benutzt, weil die Gas-Flasche leer war und nix gepasst hat (mit ein bisschen mehr Mühe wäre das zu lösen gewesen, aber Pfanne und Campingküche habens auch getan). Die Schubladenstopper von dm an unserer eingebauten Kommode haben sich an Tag zwei abgelöst. Das selbstgebaute Sonnen-und-Regendach könnte mehr Abspannungen vertragen, damit es nicht so durchhängt.
Die Vorhänge waren top, das Babybett auch…
…und trotzdem hat Theo ganz oft zwischen uns geschlafen.
Es heißt ja nicht umsonst ELTERNZEIT.
PS: In Le Gurp haben wir auf dem Rückweg nochmal Halt gemacht und selbst ein bisschen surfen geübt. Geht auch ohne Lehrer und macht genauso viel Spaß. Good news.
PPS: Nächstes Jahr lernen wir Fallschirmfliegen.
Scherz.
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